Die Herbstwanderung zum kleinen Arbersee 2015
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Wanderer in Betrachtung eines Photoapparates, welcher blinkt ..........so kann man offensichtlich auch Freude bereiten. Da plant man und plant man und wann grinsen sie? Wenn die Kamera blinkt |
Aber zuerst der Reihe nach:
Es war schon
ein Risiko, mit 30 unbedarften Pfadis – zugegebenermaßen mehr Uhus als Pfadis –
in ein dicht bewaldetes Gebiet einzudringen, von dessen Bewohnern man noch 1807
folgende Beschreibung lesen konnte:
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bayr. HStA München GL Fasc 920-02 |
Der Kötztinger Landrichter Freiherr von Pechmann bemitleidete in seinem Bericht den Pfarrer von Lam, zu dessen Bereich auch die Sommerau und Lohberg gehörte, wegen der Eigenschaften seiner Pfarrkinder und schrieb:
der erste nach diesem (der in der Liste vorhergehende Pfarrer von Neukirchen mit seinen mustergültigen Pfarrkindern) ist der Pfarrer Reinhold in Lam welcher überdies noch das traurige Verdienst hat, in dem rohesten und ungesittesten Winkel des ganzen Waldes versetzt zu seyn, an dessen Geisteskultur er unermüdet arbeitet aber vielleicht mit der werdenden Generation erst einige Leuchte seiner Arbeit finden wird.
Zu diesen
saugroben und ungehobelten Dorfbewohnern also wollten wir wandern und uns auf
deren unzugänglichen Wäldern mal so umschauen. Hinzu kam noch, dass der
ausgesuchte - wenn man ihn denn findet -
Wanderweg ausdrücklich in keiner Wegsbeschreibung zu finden ist.
Eigentlich könnte man sich nicht verirren, denn den Einstieg in den Aufstieg
kann man sehr leicht beschreiben: Am letzten Parkplatz vor der Wegsperre leicht
links in die Büsche hinein und immer am wilden Wasser entlang bergauf über
Stock und Stein, Wurzel und Pfützen. Solange man das Wildwasser nicht aus den
Augen verliert und es stramm aufwärts geht, kann man nicht falsch gehen,
irgendwann ist man am See, wo dieser Bach ja entspringen sollte.
Soweit die
Theorie und das Beste gleich vorab: Alle, in Worten, Alle sind munter und mehr
oder weniger gesund wieder aus dem Wilden Osten in die Zivilisation
zurückgekehrt.
Aber
vielleicht der Reihe nach: wir hatten an dem Wochenende ja Plan A,B und C.
Plan
A war die lange Wochenendsvariante mit entspannenden Arbeiten im Stall und
vorausgehendem Gourmetmenue beim „OSL“. Hier muss ich einschieben, dass der
„OSL“ eigentlich als Teil des Planes B gedacht war, aber die doch sehr
zahlreiche aber, wie bei den Pfadis üblich, sehr späte Anmeldung hat es für den
Samstag unmöglich gemacht uns beim „OSL“ wunschgemäß breitzumachen UND, vor
allem, wären wir vermutlich dort auch zu laut gewesen…..
Jedenfalls
konnten die wenigeren Plan A-ler am Freitag Abend beim OSL sich durch die
Speisekarte schmankerln, wobei Jens und ich essenstaktisch sehr geschickt
agiert hatten, nämlich ein Gericht, welches den Frauen üblicherweise eh nicht
schmecken würde. Ein Riesenburger, serviert auf einem großen Kuchenblech, von den eigenen Angusrindern und im Klimaschrank butterweich abgehangen, mit Pommes genau auf den Punkt und, na ja, auch mit einem unvermeidlichen Salat. Die Frauen wiederum achteten penibel darauf bei jedem Menuepunkt
unterschiedlich zu wählen um ein Maximum an gegenseitigem Probieren zu
ermöglichen. Das Essen beim OSL war wie immer ausgezeichnet und es war auch klar zu ersehen, dass wir dort mit den für Samstag abend zu erwartenden 24 Personen eh keinen Platz gehabt hätten und, wenn doch, dann auf viel zu viele Tische verteilt gewesen wären ..... Wie im Plan A vorgesehen, landeten wir dann noch an der Bar im
Horse-Town-Club zum philosophieren und schwupps, schon war es Samstag.
Um ja keine
Eile bei der Arbeit im Stall aufkommen zu lassen, wurde zur Entschleunigung dieser der Unimog eingesetzt,
welcher sich dann doch vor lauter Hektik von ein paar Schrauben und Deckeln
verabschiedete, die sich dann aber alle auf der Straße wiederfanden. Wir genossen
die Sonne, aufgetautes Chilli vom Stammeslager und den notwendigen
Schönheitsschlaf nach dem Mittagessen. Bald war es dann vorbei mit der Ruhe denn
es kamen die Plan B-ler in lockerer Folge.
Nachdem OSL
uns nicht wollte/konnte, gingen wir eben ins
Hotel zur Post, wo wir einen Nebenraum bezogen und gleich zu Anfangs mal kurz
umdekorierten, bis wir alle 20 an einem langen Tisch Platz fanden. Das Essen
war sicherlich ebenso gut und einfallsreich wie es Tags zuvor beim OSL gewesen
war und das eigene Bier erbrachte ein Übriges. So unterhaltsam und lustig und
damit laut, wären wir beim OSL eh fehl am Platz gewesen. Kurz gesagt ein Abend,
wie es bei den Uhus üblich ist und die paar Kötztinger kannten die Sinzinger eh
schon und so verging der Abend, bis wir diesen wieder im Horse-Town-Club
beendeten und Schupps war es Sonntag. Einige wohnten im Markt und einige im
Stall, daher gabs nur eine Lösung: Frühstück für Alle im Stall. Große Runde im
Wintergarten aber bald wars vorbei mit der Ruhe, denn nun kamen die Plan C-ler
in lockerer Folge
Treffpunkt
war der Stall, Treffzeitpunkt war 9.45 Uhr und die Abfahrt sollte um 10.00
sein. Um 9.59 waren Alle auf mehrere Autos verteilt und unser Führer in der
Sommerau informiert und los gings hinauf in die Wälder an der Arber Nordseite.
Bis wir Alle
aus den Autos ge- und in die Wanderstiefel hineingeschlüpft waren, kam auch
schon Hans Seidl vom Oberheiderberg herüber und nach der Begrüßung gings, wie
oben bereits erwähnt, beim letzten Strauch links oben beim Parkplatz zwischen
die Büsche an den Seebach hin.
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Hans Seidl von Oberheiderberg, ein kompetenter Führer, der sein großes Wissen auch unterhaltsam an den Mann/Frau brachte |
Dieser
künstlich angelegte Seebach diente seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhundert
bis weit hinein ins 20. Jahrhundert zum Schwellen von Holzstämmen. Zu diesem
Zweck wurde der kleine Arbersee im Frühjahr immer wieder angestaut
(=Schneeschmelze) und abgelassen. Mit diesem Schwall an Wasser konnten die
Waldbauern ihr Rohmaterial bis weit ins Land hinein treiben lassen und so ihre
Wälder nutzen, die bis dahin vor allem verschiedensten Glashütten als Basis
gedient hatten.
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auf dem mittleren Stein sieht man ein Stückchen
Bayerwaldglas entstanden ca. um 1780 und ausgegraben
in den Ruinen der alten Hauserglashütte |
Das Holz diente dabei nicht nur als Brennmaterial zum
Glasschmelzen sondern in noch viel höherem Maße um Asche (=Pottasche) zu
erzeugen, die dringend notwendig war, um den Schmelzpunkt der Quarzmischung
von 1500 Grad Celsius auf 800 Grad zu drücken. Diese 800 Grad konnte man mit
Holzfeuer erreichen, die reguläre Schmelztemperatur nicht.
Die Pottasche,
die für die Produktion eines einzigen Glases notwendig war, betrug ca. 1.5
Klafter Holz (=2-3 Ster) Holz, vom Brennmaterial ganz zu schweigen. War in
einem Gebiet der Holzvorrat aufgebraucht, so wurde halt einfach die Glashütte
verlegt und so wurden im 15.-19. Jahrhundert schön langsam alle Wälder am Arber
gefällt und verbrannt. Hans Seidl wiederum konnte uns beim Aufstieg und später
auch bei der Wanderung zum Schneiderberg einige historische
Glashüttenstandorte zeigen und bewies nicht nur ein enormes Detailwissen
sondern brachte auch viel Überaschendes zutage. So dienten die „Paterl“, die
kleinen Glaskugeln für Rosenkränze und Glasperlenketten, die neben dem Flachglas für die Spiegelherstellung
produziert wurden, in Afrika als Bezahlung für die Sklaven. Glasperlen aus dem
Bayerischen Wald wurden also zum Ankauf von Sklaven in Afrika als Währung benutzt.
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der Aufstieg zum kleinen Arbersee |
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deftige Mahlzeit auf der Sonnenterrasse |
Wie nicht anders zu erwarten zog sich unsere große Wanderguppe stark auseinander und die unermüdlich an der Spitze voraus Eilenden wussten nicht, dass die anderen den einen oder anderen Stopp einlegten um von unserem Wanderführer erklärt zu bekommen unter welchem bewachsenen Steinhügel sich die Reste von historischen Glashütten, Brückenpfeilern und sonstigen Artefakten befanden. Nun ja, jedenfalls hatten wir mit den Spitzenläufern ein gutes Vorauskommando, die sich in der Hütte zu Dritt auf drei Tischen breitmachten und eine Dreiviertelstunde lang diese für uns freihielten. Als wir, die Hauptgruppe, dann schließlich auch am See waren, hatten diese bereits gespeist. Nun also Mittagspause, die Sonne war durchgebrochen und einige von uns sonnten sich auf der Terrasse, es war ein herrlicher Herbsttag, viel wärmer, als die Wettervorhersage uns versprochen hatte, windstill und wolkenlos.
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der kleine Arbersee in der warmen Oktobersonne |
Nach der Pause dann Rückmarsch über einen malerischen Wasserfall
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Wasserfall im Steilhang |
und zur Kapelle auf dem Schneiderberg. Dort standen wir dann auf dem ersten Skihang des Arbers, dort wurden in den 60er Jahren noch die diversen Stadtmeisterschaften ausgetragen und man sieht heute noch die Ruinen eines Schwimmbades und das stillgelegte Gast und Pensionsgebäude, welches noch zu meiner Kindheit zu den renommiertesten Ausflugszielen am Wochenende gehörte, wo gabs damals im bayerischen Wald schon ein großes betoniertes Schwimmbecken.
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Ansicht der Kapelle im Inneren |
Hans Seidl, dem das gesamte Anwesen gehörte, sperrte uns auch noch die familieneigene Kapelle auf, wo sich im Eingangsbereich eine interessante Darstellung des Teufels und der Hölle befindet.
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Höllendarstellung, Druck im Eingangsbereich der Kapelle in Schneiderberg |
Unübersehbar gleich an der Eingangstür konnten und können die
Kirchenbesucher sofort erkennen wohin ein lästerliches Leben führt. In kräftigen Farben und in vielen kleinen Szenen wird das jämmerliche Schicksal der armen Seelen aufgeführt.
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der Himmel in der Darstellung vom Schneiderberg |
Interessant ist, dass das Gegenstück, der Himmel, HINTER einer anderen Tür versteckt ist und uns der Aufhängungsort erst ausdrücklich gezeigt werden musste. In hellblauen Pastelltönen wurde ein ziemlich langweilige Situation dargestellt, ich denke, dass die Kinder vor 100 Jahren viel lieber die Hölle sich angesehen haben, vermute ich mal.....
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die Kapelle auf dem Schneiderberg, im Hintergrund der historische Skihang, unter der Kapelle befindet sich ein Keller, der im dritten Reich und in der Zeit danach zum verbotenen Schwarzschlachten benutzt worden war. Der Schlachtkörper wurde dort zum Selchen eingelegt und dann mit Kartoffeln und Rüben verdeckt. |
Vom Schneiderberg gings dann in einem lockeren Bogen zurück zu den Autos und dann trennte sich die Gruppe wieder auf, einige mussten schnell nach Hause und die Anderen halfen uns im Stall noch die Reste des Frühstücks aufzubrauchen und so endete dann im Stall ein Wanderwochenende, wie wir uns es alle erhofft und vorgestellt hatten.
Hans Seidl hatte uns übrigens auch am Parkplatz noch viel zu erzählen, was - wegen seines Lamer Bayerwalddialektes - manche Teilnehmer vermutlich etwas überforderte, aber nachdem Inge laufend mitübersetzte, kam dann doch noch die Erleuchtung.
Am Ende noch ein paar Bilder, übrigens stammen alle von Wolfgang, Michael und Manfred